Ein Leben für den Tanz.
Margret und Heinz Cierpka beenden nach 52 aktiven Jahren ihre Turniertanzkarriere.
Da jede Geschichte einen Anfang braucht, wollen wir diesen auch hier nicht verschweigen, obwohl sicher viele Menschen diese Geschichte bereits kennen, denn wir sprechen hier schließlich von einem der bekanntesten Tanzpaare unserer Region.
Margret Cierpka war schon im Alter von drei Jahren mit dem Tanzvirus infiziert, dieser Virus ist - Gott sei Dank - für die Gesundheit förderlich und nicht mit dem modernen Corona-Virus zu vergleichen.
Sie durfte schon in diesem zarten Alter für Besucher auf dem Tisch tanzen und dazu singen, daher war Margret früh an Auftritte gewöhnt und ist vom Lampenfieber in späteren Jahren verschont geblieben.
Im letzten Kriegsjahr 1945, auf der Flucht, landete Margret als 7-jährige mit ihrer Familie in Wittenberge an der Elbe in einem Tanzschullehrer-Haushalt. Sie hatte dadurch die Möglichkeit, schon früh ihre eigenen Tanzschritte in verschiedenen Disziplinen zu erproben.
Heinz Cierpka liebte das Tanzen auch schon immer, jedoch mit Margret macht es ihm am meisten Freude. Beide sind in Schlesien geboren und kamen Ende der 50er-Jahren nach Reutlingen.
Das erste Aufeinandertreffen war dann – da hat Amors Pfeil voll in Schwarze getroffen – beim Tanz in den Mai 1958 in der Julius-Kemmler-Halle in Betzingen.
Margret hat Heinz dann überredet, mit ihr in die Tanzschule Pfander zu gehen; dort wurde das Talent der beiden erkannt und sie wurden aufgefordert, am Turniertanz teilzunehmen.
Ende der 60er Jahre spaltete sich der Tanzsport in zwei große Dachorganisationen auf, in der nur noch der Deutsche Tanzsportverband Turnierfähigkeit behielt.
Dies war der Grundstein für die Vereinsgründung des TC-Schwarz-Weiss Reutlingen an dessen Gründung das Ehepaar Cierpka mitgewirkt hat.
Die Möglichkeit der Teilnahme an Turnieren war nun gegeben. Finanziell konnte sich das junge Ehepaar jedoch keine Turnierkleidung leisten. Das Schicksal meinte es wieder gut, denn eine Turniertänzerin schenkte Margret ein Kleid. Nun waren beide nicht mehr zu halten. Mit viel Training und Fleiß schaffen sie es in die höchste Tanzklasse.
In seiner Tanzkarriere nahm das Paar an 769 Turnieren teil, davon 600 in Finalrunden und 406 Mal auf dem Siegertreppchen. Für 50 erste Plätze in der S-Klasse wurden sie mit dem
Tanzsportabzeichen in Gold geehrt und haben inzwischen über 100 erste Plätze ertanzt.
Ihre Wohnung ist geschmückt mit Pokalen und Medaillen. Bilder des Ehepaars Cierpka zieren Cover von Langspielplatten, Musikkassetten und CD´s, ebenso auf Zeitschriften für Werbungen von Optikern, für Sekt und Rätsel.
Das Fernsehen kam auch nicht an den beiden vorbei, es gab Einladungen für RTL-Supertalent, ZDF-Alt gegen Jung, SWR-Reportagen, Regio-TV Böblingen und die Video-TBW-Thropy.
Besondere Turniere erlebten sie in England (Blackpool), Frankreich (Lyon), der Schweiz und Österreich, Mannschaftsturniere bei 16 Länderpokalen für den TBW und den leistungsstarken 66igern.
Der Tanzsportverein gehört zu den wichtigsten Dingen ihrer Laufbahn.
Heinz war 2.Vorsitzender, Margret Leiterin der Geschäftsstelle und Veranstaltungswart.
Die großen Tanzbälle der Stadt Reutlingen in der Listhalle gehörten damals zu den beliebtesten Veranstaltungen der Region. Die Ausrichtung, Schmückung, die gesamten Vorführungen und Tanzeinlagen mit Polonaisen, Wiener Walzer Formationen, alten Tänzen der 1900 und 1920er Jahre und vieles mehr wurden beiden organisiert.
In Baden-Baden führten beide auch Tänze vor.
Nach so einem erfolgreichen Tanzleben fragt man sich, was machen die über 80-jährigen jetzt? Ausruhen auf dem Sofa und in Erinnerungen schwelgen?
Weit gefehlt, um fit zu bleiben, trainieren sie fast jeden Tag, unterrichten an zwei Wochentagen 4 Gruppen und geben zusätzlich Techniktraining für Breitensportturniere.
Durch ihren Einsatz sind aus den Breitensportlern einige zum Turniertanzen gekommen, auch aus den Vereinen Kirchheim und Trochtelfingen, die sie einige Jahre betreuten.
Aus den Tanzkreisen sind treue Vereinsmitglieder geworden, die Heinz und Margret schon seit 40 Jahren betreuen.
Sie sind die besten Vorbilder dafür, was man alles mit Engagement, Fleiß und Durchhaltevermögen erreichen kann. Trotz all der Erfolge sind sie aber immer bescheiden geblieben. Wir hoffen, dass beide noch mindestens bis zu Ihrem Hundertjährigen weiter ihrem schönen Hobby, dem Tanzen, nachgehen können.
Presseberichte:
Tanzspiegel 1-2024, Helden des Tanzsports, Heinz und Margret Cierpka
Sport in Baden-Württemberg, WLSB-Magazin, Die Cierpkas: Ein Leben für den Tanzsport